Über das Tragen

Wusstest du, dass der Kinderwagen erst ca. 200 Jahre alt ist? Er wurde in England erfunden...

 

Bis dahin war die bewährte Fortbewegung für einen Säugling von seinen Bezugspersonen getragen zu werden. Das war schon in Urzeiten so denn nur so konnte sichergestellt werden, dass der schutzlose Nachwuchs nicht von Räubern gefressen wird. Ständiger Körperkontakt zur Mutter und Zugang zur mütterlichen Brust sicherte das Leben des kleinen Steinzeitbabys.

Wir leben zwar nicht mehr in so gefährlichen Zeiten und müssen nicht fürchten, dass ein Raubtier unser Kind verspeist, doch unser Baby weiß das leider nicht. Es spielt immer noch die angeborenen Instinkte ab und reagiert häufig mit Angst, wenn es abgelegt wird. Ein Baby versteht nicht, dass das warme Babybettchen ein sicherer Ort ist und dass es keine Angst mehr haben muss, vergessen zu werden, wenn der Stamm weiter zieht. Babys schreien nicht, weil sie tyrannisch sind sondern weil sie ein Bedürfnis haben und noch völlig hilflos sind.

Getragen zu werden, bedeutet für ein Kind Sicherheit. Kategorisch gehört das Menschenbaby zum Tragling, wie auch die Affen und Kängurus.

Die Haltung, die das Kind automatisch einnimmt, wenn man es nackt auf den Rücken legt, heißt Anhock-Spreiz-Haltung. Diese Haltung wird physiologisch beim Tragen unterstützt. Sie fördert die Ausreifung der Hüfte, da in dieser Stellung die Oberschenkelknochen perfekt in der Hüftpfanne sitzen (anders als im Liegen!). Das Tragen kann somit unterstützend bei der Behandlung einer Hüftdysplasie eingesetzt werden. Es ist also von Vorteil, ein Kind in dieser Position aufrecht zu tragen. Auch für die sehr empfindlichen Bandscheiben ist ein aufrechtes Tragen wesentlich schonender als eine holprige Fahrt in einem schlecht gefederten Kinderwagen, da die Stöße auf die Bandscheiben einwirken, ohne dass diese sie abpuffern könnten. Nur in aufrechter Position kann eine Bandscheibe einen Stoß abfangen.

Das gleiche gilt für den "gerundeten Rücken" (nicht verwechseln mit Rundrücken). Damit das Baby in den Mutterleib passte, ist sein Rücken gerundet. Erst durch motorische Veränderungen (Kopf anheben, Oberkörper hochstützen, Sitzen, Laufen) wird die kindliche Wirbelsäule in eine Form gebracht, wie auch unsere erwachsene Wirbelsäule aussieht.

 

Physiologisch gesehen ist ständiges Liegen, ob im Bettchen oder im Kinderwagen, weniger sinnvoll, da weder der gerundete Rücken noch die Anhock-Spreiz-Haltung unterstützt werden. Wird das Baby getragen ist es optimal gestützt und kann durch die aktiven Reize durch die Bewegungen der Mutter (oder der Person, die trägt) Muskeln aufbauen statt nur passiv zu liegen.

Aus mehreren Perspektiven wird es deutlich, dass wir dazu geboren sind aufrecht getragen zu werden.